150 Jahre „Tristan und Isolde“

Tod und Transzendenz, höchste Ekstase und der Eintritt in die Harmonik der Moderne: Kaum eine Oper des 19. Jahrhunderts bewegt bis heute so sehr die Gemüter wie „Tristan und Isolde“. Inhaltlich wie musikalisch übt Wagners „Handlung in drei Aufzügen“ auch 150 Jahre nach ihrer Uraufführung eine große Faszination aus. Ein kleiner Rückblick in Wort und Bild auf einige Produktionen und denkwürdige Ereignisse von der Uraufführung bis heute.
10. Juni 1865: Im Münchner Hof- und Nationaltheater wird Richard Wagners „Tristan und Isolde“ uraufgeführt. Zum 150. Mal jährt sich also heute der erste triumphale Münchner Erfolg des Komponisten, der in einer bewegten Aufführungsgeschichte bis heute nachklingt. Von der Wirkmacht seines Werks fest überzeugt, war sich Wagner vor der Uraufführung noch sicher, dass „nur mittelmäßige Aufführungen“ die Oper retten könnten: „Vollständig gute müssen die Leute verrückt machen, – ich kann mir’s nicht anders denken. So weit hat’s noch mit mir kommen müssen!!“
Gleich zwei Dirigenten sollten dem „Tristan“ im Münchner Nationaltheater zum Opfer fallen: Das Ende seines 100. Dirigats der Oper sollte Hofoperndirektor Felix Mottl am 21. Juni 1911 nicht mehr erleben. Während der laufenden Vorstellung brach er am Dirigentenpult zusammen und starb nur wenige Tage danach. 57 Jahre später sollte Joseph Keilberth ein ganz ähnliches Schicksal ereilen: Im zweiten Akt der Oper erlitt er einen Herzinfarkt und starb kurz darauf.
Vor allem Keilberths Tod ist bis heute im Haus präsent: In den Stimmen der Orchestermusiker, die bereits seit 1938 verwendet werden, ist der Todeszeitpunkt exakt vermerkt. Anekdoten über seinen Zusammenbruch kursieren bis heute und prägen das kollektive Gedächtnis des Bayerischen Staatsorchesters. Und auch ein Hornist, der zu den weit Nachgeborenen gehört, meint: „An der Stelle ist einem doch immer etwas mulmig.“
Der Ruf des „Tristan“ als tödliche Oper hatte sich schon kurz nach der Uraufführung verfestigt: Der erst 29-jährige Ludwig Schnorr von Carolsfeld starb nach drei Aufführungen der Oper an bis heute nicht geklärten Umständen. Heute wird allgemein Typhus oder Meningitis als Todesursache vermutet – dass die Partie des Tristan bis zum Tode anstrengend sei, hatte sich jedoch schnell in den Köpfen von Publikum und Sängern festgesetzt.
Aber natürlich: Bei welcher Oper als dem „Tristan“ wäre eine solche Mythenbildung passender? Vom „Liebestod“ ist ja immer die Rede, wenn es um Isoldes Monolog am Ende des 3. Akts geht, ganz entgegen der Intention Wagners, der lieber immer von „Isoldes Verklärung“ sprach. Konsequent setzte dies Peter Konwitschny 1998 in seiner bis heute gespielten Inszenierung um: Zu Isoldes „Mild und leise“ erhebt sich der eben verstorbene Tristan wieder. Das Paar legt seine bunten Kostüme ab und tritt in schwarzen Unterkleidern von der Hauptbühne in den nachtschwarzen Vordergrund der Bühne. Im Hintergrund trauern Brangäne und Marke an ihren Särgen. Nicht der Tod steht hier am Ende, sondern das Eintreten des Liebespaars in eine neue Realität.
Wir sagen also: Herzlichen Glückwunsch zum 150. Geburtstag, Tristan und Isolde, und freuen uns auf das Wiedersehen bei den Opernfestspielen im Juli!